DER WEG VERSUS DAS ENDPRODUKT

Endprodukte haben den Anspruch perfekt zu sein. Sei es ein Foto, ein Video, ein Bild oder eine theatrale Performance. Wir konsumieren immer nur das Endprodukt. Der Weg dorthin wird nicht gezeigt. Warum auch? Er ist alles andere, als perfekt. Er hat Ecken und Kanten, verläuft nicht linear oder gar glamourös. Der Weg zum Ziel bleibt geheim. In einer scheinbar perfekten Welt voll lauter perfekten Menschen, Produkten und Resultaten ist es verständlich, dass wir das Versuchen, das Hinfallen, Aufstehen, Krone Richten und Weitergehen nicht zeigen.
Wir glauben mittlerweile, dass auch der Weg dorthin schon perfekt und uns leicht von der Hand gehen sollte. Und am besten, ja keinen Umweg gehen oder eine extra Runde drehen.
Zumindest ging es mir in den letzten Wochen dieses Jahres so, bis mich mein Therapeut auf dieses kleine, aber so wichtige Detail hinwies. Ich machte mir so unheimlich viel Druck, weil ich immer nur die Endprodukte der anderen im Kopf hatte. Der Druck war so groß, dass ich kaum noch Ruhe fand. Ständig kreisten meine Gedanken um meinen bevorstehenden Drehtag im Jänner und ich verzweifelte mit jedem Tag mehr und mehr an der Aufgabe. Mit dem Gefühl der Überforderung ging ich ins Bett und mit dem Gefühl der Überforderung wachte ich wieder auf und, obwohl alle rund um mich glaubten, dass ich ein tolles About Me kreieren, mir inspirierende Flows und lehrreiche Tutorials ausdenken würde, konnte ich den positiven Zusprüchen der anderen nicht glauben. „Wenn die nur wüssten, wie toll das die XY macht, dann würden sie nicht mehr in diesem Ton mit mir reden. Aber sie kennen meine Vorbilder ja nicht und wissen somit nicht, was wirklich perfekt ist.“

Die Worte meines Therapeuten haben mir die Augen geöffnet und mich endlich wieder durchatmen lassen. Der Anspruch nach Perfektion ist in meinen Genen und wird nie verschwinden, aber ich habe vergessen, dass hinter jedem makellosen Produkt und jeder perfekten Leistung ein Weg dorthin voran geht. Mit dem Wissen, dass ich nicht gleich abliefern muss, macht mir die zeitintensive Vorbereitung in den Weihnachtsferien wieder Freude, denn zuvor spielte ich ein Spiel, bei dem ich meiner Meinung nach schon vorab zum Scheitern verurteilt war.